My Culture is not a Costume – Perspectives of Cultural Appropriation

Diskussionsrunde am 31.01.2023 im Linden Museum, Stuttgart

Ob zu Fasching oder Halloween, noch immer sind Winnetou, Pocahontas und Yakari beliebte Verkleidungen bei Jung und Alt. Dabei wird oft außer Acht gelassen, dass solche Kostüme Stereotype bedienen, die die Kolonialisierung Nordamerikas verharmlosen und kulturelle sowie spirituelle Praktiken indigener Völker zu einem Jux degradieren. Im deutschsprachigen Raum wächst die Sensibilität für diese Problematik der kulturellen Aneignung. Nachdem eine Hamburger Kindertagesstätte 2019 empfahl, auf „Indianer-Kostüme“ zu Fasching zu verzichten, war der öffentliche Diskurs zunächst verhalten, gewann aber seit Sommer 2022 durch die so genannte „Winnetou-Debatte“ an Dynamik.

Im Rahmen des 9. INDIGEN: DAS NORDAMERIKA-FILMFESTIVAL haben wir die Gelegenheit genutzt, mit vier der anwesenden indigenen Gästen eine Diskussionsrunde zum Thema My Culture is not a Costume zu organisieren, um dem deutschen Publikum die Möglichkeit zu geben, einen besseren Einblick in nordamerikanisch-indigene Perspektiven zum Thema “kulturelle Aneignung vs. kulturelle Wertschätzung” zu bekommen. Dabei sollte jede/r Diskussionsrundenteilnehmer*in die Thematik von ihrem/seinem beruflichen Hintergrund angehen.

Auf dem Podium saßen Amber Dawn Bear Robe (Siksika Nation, Alberta, Kanada, Modekuratorin und Kunsthistorikerin), Dr. Jules Koostachin (Attawapiskat First Nation, MoshKeKo Cree, Kanada, Regisseurin und Storytellerin), Jessa Calderon (Chumash and Tongva Nations, Südkalifornien, USA, HipHop Dichterin und Sängerin) und Tristen Durocher (Cree und Métis, Buffalo Narrows, Saskatchewan, Kanada, Old Time Fiddler). Amber Dawn Bear Robe stellte zunächst die im deutschsprachigen Raum wohl am meisten diskutierte Dimension vor, nämlich die Bedeutung der nordamerikanisch-indigenen Bekleidung. Die Perspektive von Dr. Jules Koostachin als Filmemacherin war bereits für viele Zuhörer wesentlich neuer: sie legte dar, inwiefern auch das Erzählen von überlieferten Geschichten durch Fremde problematisch sein kann. Die von Jessa Calderon und Tristen Durocher präsentierte musikalische Dimension der Debatte war für viele im Publikum gänzlich neu.

Michael Stumpf (Leiter der ZDF-Hauptredaktion Kinder und Jugend) und Stefan Yazzie Herbert (Dineh und Österreicher, Freiberuflicher Creative Director, Strategist & Producer) fungierten als Diskutanten und brachten ersten Reaktionen auf das, was von der Diskussionsrunde vorgetragen worden war, ein.

Organisiert und moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Nina Reuther (unabhängige Geisteswissenschaftlerin und freiberufliche Kulturenvermittlerin).

 

Audio der Diskussionsrunde: (in englisch)